Endlich einmal versuchen Zeitungsverlage, mit Blick auf den Jugendmarkt und junge Erwachsene im Focus, ihre Kompetenzen und Ressourcen zu bündeln. Hier ein Fazit nach zehn Jahren in der Praxis einer kleinen Tageszeitung. Welchen Effekt hat eine Jugendseite in der Tageszeitung? Die vermeintliche Bilanz ist tatsächlich eine Thesensammlung und reizt hoffentlich zum Widerspruch. Das komplette Papier gibt es für JuLe-Mitglieder in Kürze auf der JuLe-Plattform.

Fazit / Thesen:

  1. Die Seite hat keine erkennbare Relevanz bei der Zielgruppe. Auch nach einigen Jahren hat sich das Label der Seite nicht als Jugendmarke etablieren können.
  2. Jugendredaktionen als Urheber von Jugendseiten funktionieren nur in Ballungsräumen, nicht jedoch in Mittelzentren, weil die Zahl derer, die zur Mitarbeit bereit und fähig sind, prozentual zu niedrig ist, außerdem die Bereitschaft zur dauerhaften Bindung und Mitarbeit gegen jeden soziologisch feststellbaren Trend liefe.
  3. Die Zielgruppe ist vollkommen ungenau definiert: Wollen wir Abonnenten von morgen oder Kunden von heute gewinnen? Oder beides?
  4. Angebot und dessen Struktur sind noch vollkommen ungenau definiert.
  5. Wir sind immer noch vollständig alten Denkstrukturen verhaftet: Wir sind eine Zeitung, und wir versuchen, junge Leute und Tageszeitung übereinzubringen.
  6. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass junge Menschen, die üblicherweise keine Zeitung zur Hand nehmen, dieses ohne Anreiz an einem bestimmten Wochentag tun sollten in der Hoffnung, auf einmal versteckt im Produkt eine Seite zu finden, die mit für junge Menschen interessanten Inhalten bestückt sein könnte. Die Hoffnung auf Realitätstauglichkeit dieser Annahme konkurriert stark mit dem Selbstbetrug, man selbst sei statistisch nur noch wenige Wochen von „6 Richtigen mit Zusatzzahl“ entfernt.
  7. Jugendseiten in Zeitungen sind Erfindungen und Lieblingskinder von Redakteuren, Verlegern und Sponsoren. Mit dem Rezeptionsverhalten zahlreicher Zielgruppen haben solche Ghettoseiten tatsächlich nur wenig zu tun.

Lösungsansätze gibt es bereits, und diese scheinen auch praktikabel. Mehr dazu später.