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Christoph Oppermann / Medienblog

Schlagwort: #tag2020

Krautreporter: Erwartungen enttäuscht?

Im Oktober 2014 ist das Krautreporter-Projekt, begleitet von großen Erwartungen, an den Start gegangen. Jetzt hat Marc Wickel die Beiträge durchgezählt. Nun, die Erwartungen waren offenbar größer, entsprechend fallen die Reaktionen aus:

Grundsätzlich ist es zunächst unproblematisch, wenn bei einem solchen Versuch nach der Startphase nachjustiert werden muss. Das Abendland geht davon nicht unter, insofern ist eine gleichermaßen gelassene wie aufmerksame Begleitung der weiteren Entwicklung wünschenswert. Allerdings krankt dieses Vorhaben an ähnlichen Umständen wie die von Herrn Schnibben angestoßene tag2020-Debatte: Es fehlt an kostenverantwortlichen Akteuren aus den Verlagen. Kein Verlagsgeschäftsführer, kein Vertriebsleiter. Hervorragend, wenn Journalisten sich (endlich) auch darum kümmern, wie ihre Arbeit „monetarisiert“ werden kann. Der Verzicht auf Sachverstand und Engagement aus diesen Verlagsabteilungen wird aber ziemlich sicher nicht zu Ergebnissen führen, die unsere Branche weiterbringen. Und das wäre dringend nötig, zumalmes keinen Königsweg gibt.

Ausblick statt Rückschau: Mehr Trennschärfe, mehr Kompetenz, mehr Mut in den Redaktionen

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Keine Sorge, kein zusätzlicher Rückblick. Nur ein paar Wünsche an die Kolleginnen und Kollegen in der Medienbranche zu den Debatten im nächsten Jahr.

Mehr Trennschärfe
Die Zukunft der Tageszeitungen ist nicht erst mit der von Cordt Schnibben angeschobenen Debatte Streitthema in der Branche gewesen, aber „tag2020“ hat ein paar Stärken und Schwächen der Diskussion und der gesamte Branche offensichtlich werden lassen – allein dafür muss man dem SPIEGEL-Kollegen schon dankbar sein: Auffällig ist, dass praktisch kein Kostenverantwortlicher – kein Verleger, kein Geschäftsführer – sich aktiv an der branchenöffentlichen Diskussion beteiligt. Das mag eine Ursache dafür sein, dass dabei gelegentlich die Ebenen durcheinander geraten – Erlösmodelle und die Zukunft des Journalismus. Das sauberer zu trennen, könnte uns einen Schritt voranbringen. Aber auch der Umstand, dass sich Journalisten inzwischen Gedanken darüber machen, ob und wie die von ihnen erarbeiteten Inhalte gegen Entgelt an die Kunden gebracht werden können, lässt sich bereits als Erfolg werten.

Mehr Kompetenz
10 Social Media Marketing Trends in 2014“ ist ein Beitrag im Talkwalker-Blog (Danke für den Link, Lucia Dettmer) überschrieben, dessen Inhalt eigentlich jedem in jeder durchschnittlichen Zeitungsredaktion etwas sagen müsste. Ist aber ganz sicher nicht so, und das ist ein wesentliches Problem unserer Branche und auch in der Debatte um die Zukunft der Tageszeitungen. Dabei geht es hierbei „nur“ im Hintergrundwissen. Auch für den Kunden sichtbares Handwerkszeug ist den meisten noch ziemlich fremd. Zwar haben beispielsweise in diesem Jahr einige – vor allem größere – Redaktionen begonnen, das Tool Storify zu nutzen, tatsächlich ist die Entwicklung aber schon weiter vorangeschritten – der WDR hat dafür mit „Pop auf’m Dorf“ ein schönes Beispiel geliefert. Es geht nicht darum, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, sondern darum, was unsere Kunden wie wahrnehmen. Die meisten Redaktionen scheinen den Anschluss wirklich zu verpassen und nicht nur den technischen Abstand aufgegeben zu haben, der sich in analogen Zeiten in unserem Informationsvorsprung von gefühlt einem Tag ausdrückte, sondern auch hinter die technischen Kenntnisse der eigenen Kunden und Nutzer zurückzufallen. Schön schreiben allein wird nicht reichen.

Mehr Mut
Die Branche ist in einer Krise, das Geld kommt nicht aus der Steckdose, Qualitätsjournalismus kostet – wir kennen alle diese langweiligen und langweilenden Phrasen aus allen Lagern unseres Gewerbes. Damit kann man sich auf Wunsch und bei Bedarf jeden noch so hellen Tag verdüstern. Alternative: Die lesenswerte Sammlung guter Ansätze, die Karsten Lohmeyer auf LousyPennies.de veröffentlicht. Mehr von dieser Grundhaltung in unserem Gewerbe wäre nicht schädlich.

Lousy Pennies: Koen Droste im Interview mit Karsten Lohmeyer über die Chancen von upcoming.de

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Die Nachrichtenbranche ist schon in einer bizarren Situation. Einerseits diskutieren wir unter #tag2020 unter anderen Begriffen die Zukunft der Tageszeitungen, ohne dass wesentliche Standpunkte von Kostenverantwortlichen aus den Verlagen eingeflossen wären, andererseits gibt es inzwischen technische Möglichkeiten, die buchstäblich atemberaubend wirken können.

Und bevor wieder die ersten Gutmenschen aus unserer Branche erneut den Untergang des Abendlandes vorhersagen oder aus ähnlichen Gründen sich dem Thema nur mit spitzen Fingern nähern: Es geht zunächst einmal nur um einen Vertriebsweg. Einen sehr interessanten Vertriebsweg. Im Kern eine sehr gründliche SEO-Optimierung. Es lohnt in jedem Fall, mal in Ruhe das Interview zu lesen, das Karsten Lohmeyer von Lousy Pennies mit Koen Droste (Upcoming) geführt hat. Hier gibt es den vollständigen Text.

Meedia: Paid-Content-Zahlungsbereitschaft steigt

Meedia

Mut machende Erkenntnis aus der neuesten Ausgabe der Allensbacher Computer- und Techhnik-Analyse (ACTA): Immer größere Teile der Bevölkerung sind bereit, für Internet-Angebote zu zahlen, wenn sie nicht mehr kostenlos wären. Allerdings: Für journalistische Angebote wollen weiter nur 6% zahlen. Spannend: Tablet-Nutzer sind deutlich gewillter, zu zahlen, offenbar zeigen hier kostenpflichtige Apps ihre Wirkung. Ebenfalls in der MEEDIA-Analyse zur ACTA: die Rankings der populärsten Websites, Apps & Co. …

Die Erkenntnisse sind nicht neu, aber immerhin stellt sich das Szenario weniger schwarz dar als noch in der heißesten Phase der #tag2020-Debatte. Und wenn die Bereitschaft der Kunden, für journalistische Inhalte zu zahlen, nicht signifikant steigt, werden wir wohl an den Angeboten etwas ändern müssen – oder uns neue Kunden suchen. Getippte Tagesschau-Berichte bringen nicht weiter.

Bei genauer Betrachtung zeigt  dieser Meedia-Beitrag einen Weg auf. Keinen Königsweg vielleicht, aber einen gangbaren, und es wäre fatal, darauf zu warten, dass noch einmal jemand ein solch komfortables und erfolgreiches Vertriebsmodell entwickelt, wie wir es als Print-Abo kennen. Das wird es schon deshalb nicht geben können, weil es in der digitalen Welt einfach sehr viel fast maßgeschneiderte Lösungen für Nachrichtennutzer gibt, als das im Rollenoffset jemals möglich gewesen wäre.

Cheer up!

#tag2020 geht weiter

#tag2020 geht weiter. In zwei Wochen will der SPIEGEL aus den Vorschlägen, etwa 1000 sollen es sein, eine Vision für die Tageszeitungen der Zukunft zusammengesetzt sein.

Wer der Debatte folgen will, kann das auch über das MedienMagazin erledigen. Dort sind die wesentlichen Beiträge versammelt.

#tag2020

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Was von dieser bislang bizarren, in Teilen schrillen Debatte wohl mal in Erinnerung bleibt oder gar Wirkung hat?

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