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Pflichtlektüre für Zeitungsmenschen: Kress.de stellt in einem Beitrag Andreas Vogels Studie „Talfahrt der Tagespresse: Eine Ursachenanalyse“ vor und liefert zugleich ein lesenswertes Interview mit dem Kölner Zeitungsforscher. Wesentliche Aussage: „Die Konkurrenz durch Online-Medien ist nur ein ’nachrangiger Grund‘ für den Niedergang der Auflagen gedruckter Zeitungen.“ (Kress.de, 2.7.2014). Kernproblem sei vielmehr, dass das Prinzip „One size fits all“ nicht mehr trage und es an Produktdifferenzierung fehle.

Zusätzlich zu den von Vogel genannten Schwierigkeiten gibt es allerdings (mindestens) noch ein großes Problem: die mangelnde Bereitschaft in Verlagen und Redaktion, Konsequenzen aus neuen Erkenntnissen zu ziehen und andere Wege zu beschreiten. Die meisten Einsichten – in diesem Interview und der Studie – sind in diesem Gewerbe längst Allgemeingut, zumindest aber in Ansätzen bekannt. Und es gibt längst Vorbilder. Apple beispielsweise. Mit Einführung des iTunes-Stores hat Steve Jobs nicht nur die Musikindustrie revolutioniert, sondern auch die Möglichkeit geschaffen, dass sehr viel mehr Menschen als bis dahin Geld bei Apple ausgeben konnten. 99 Cent sind vielleicht „Lousy Pennies“, aber auch nur auf den ersten Blick.

Sinkende Auflagenzahlen gedruckter Tageszeitungen sind kein Phänomen der allerjüngsten Vergangenheit, sondern seit Jahrzehnten Realität. Kernproblem: Immer weniger Menschen sind bereit, für Nachrichten auf Totholz zu bezahlen. Reaktion der Redaktionen (und Verlage): Die Beiträge, die schon auf dem bekannten Vertriebsweg immer weniger Abnehmer finden, auf neuen Kanälen anzubieten. Darauf muss man erst einmal kommen. Es verwundert nicht, dass die Digitalerlöse bei diesem Vorgehen die Einbußen im Printgeschäft nicht auffangen.

Der Hinweis Vogels auf eine nötige Differenzierung im Zeitungsbereich ist sicher zutreffend, aber nur die halbe Wahrheit. Da Papier nicht mehr dieses Maß an Exklusivität als Nachrichtenmedium besitzt wie noch vor 20 Jahren, werden Redaktionen und Verlage nicht umhinkommen, zusätzlich zu zielgruppengenaueren Angeboten im Printsegment auch solche im Digitalen vorzuhalten. Es wird allerdings in diesem Fall nicht funktionieren, alten Wein einfach in neue Schläuche zu füllen. Manche Verweigerungshaltung von Kunden hat vielleicht weniger mit dem Medium als vielmehr mit dem Inhalt zu tun.

Dennoch: Interview und vor allem Studie unbedingt lesen. Gute Ideen und Schlussfolgerungen kann es gerade in dieser Umbruchsituation im Mediengeschäft nicht genug geben.

 

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