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Christoph Oppermann / Medienblog

Schlagwort: Paywall

Lektüre zu Neujahr: Totholz vs Jogginghosen-Journalisten?

Schluss mit Besinnlichkeit, ’s Neujahr. Deshalb gibt’s auch gleich ein paar Lektüreempfehlungen zu den Dauerbrennern „Totholz vs Blogs“ und „Bezahlschranken“.

Marvin Mügge: Die Zeitungskrise aus der Sicht eines Bloggers. Oder: Let’s put the „RISE“ in „ZeitungskRISE!“

„… Ja, aber was ist mit Qualitätsjournalismus? Mit ausführlichen Kommentaren? Mit Reportagen, Hintergrundberichten und Themenbeilagen? Und vergiss nicht das Streiflicht!” Natürlich. All diese Dinge sind wunderbar. Das Problem ist, ich muss mir keine Zeitung kaufen, um diese wunderbaren Dinge zu haben. Und es kommt noch schlimmer: Zeitungen sind nicht nur ewig gestrig, sie sind das personifizierte “Früher war alles besser.” Sie sind der altgewordene Verwandte, der auf Familienfeiern olle Kamellen erzählt und dem aus Mitleid keiner sagen will, dass die Gegenwart viel spannender ist. …“

Nicht alles darin ist ganz neu, aber alles ganz gut ge- und beschrieben. Was können Print-, Online-Journalisten und Blogger voneinander lernen? Wo verschwimmen Grenzen, wo sind welche überwindbar?  Wo und wie gräbt sich die Abteilung Totholz selbst das Grab? Fragen über Fragen, und wenn wir ehrlich sind, kennen wir meisten Antworten. Der Branche fehlt nur der Mut, diese auch umzusetzen.  Lesenswert in diesem Zusammenhang ist auch der schon ein paar Monate alte Mügge-Beitrag „Die Sache mit den Bloggern und dem Journalismus. Oder: Bin ich eigentlich Journalist?“

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Daniel Bouhs: WhatsApp – der neue Kanal für Journalisten?

„… Ich denke, dass Verbreitung und Recherche bei WhatsApp sehr nah beieinander liegen. Aus dem einfachen Grund, dass WhatsApp per se ein sehr privater Raum ist. Bis vor kurzem diskutierten wir in dieser App ausschließlich mit unseren Vertrauten. Und plötzlich taucht da auch ein Medium auf, das wir zwar kennen, aber auf den ersten Blick unpersönlich wirkt. Aus diesem Grund überlegten wir uns bei SRF, dass wir selbst zuerst mal präsent sein müssen, um danach überhaupt auch auf diesem Kanal ansprechbar zu werden, falls jemand seine Informationen mit uns teilen will. …“

WhatsApp – der neue Kanal für Journalisten? Die Antwort ist so simpel wie kurz: Na klar. Ein paar wissenswerte Hintergründe dazu gibt aber Konrad Weber, der beim SRF mit WhatsApp experimentiert, im Interview mit Daniel Bouhs. Weitere Beiträge zu diesem Thema gibt es hier, hier, hier und hier.

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Elisabeth Oberndorfer, Geteilte Wände

„… Ein Spotify oder iTunes für Nachrichen – das neue Geschäftsmodell für Medien? Auf diese Wette setzen jedenfalls neuerdings die New York Times und der deutsche Verlagsriese Axel Springer. Die beiden Medienhäuser haben sich im Herbst mit drei Millionen Euro an dem niederländischen Startup Blendle beteiligt. Die Idee von Blendle ist nicht ganz neu und andere sind daran bereits gescheitert. Die Pauschal- oder Einzelabrechnung für das Konsumieren von Artikeln soll für Verlage eine zusätzliche Einnahmequelle sein. …“

Den Königsweg zur Monetarisierung digitaler Inhalte hat die Zeitungsbranche immer noch nicht gefunden, aber Blendle und Readly sind immerhin interessante Ansätze. Mehr dazu gibt’s auch beim Kollegen Axel Wagner.

Kress: Paywall-Bilanz der Regionalverlage

Kress.de, 2.5.2014: Die Paywall-Bilanz der Regionalverlage: „Wir ertrinken nicht im Geld“

… Patrick Wölke, Geschäftsführer von DuMont Net: „Die eigentliche Herausforderung besteht darin, die Strukturen und Prozesse im Hintergrund radikal zu verändern. Wir verkaufen komplexe digitale Produkte. Von Upselling über Reporting bis zum Kundenservice: Wir müssen das ganze Haus umdrehen, wenn wir ein solches Premiumprodukt am Markt erfolgreich platzieren und permanent aussteuern wollen“, sagt Wölke. …

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Der lesenswerteste Ansatz in diesem kurzen Beitrag ist noch der von Patrick Wölke. Solange Verlage und deren Redaktionen ihre Angebote nicht grundsätzlich ändern und erweitern, wird’s – vorsichtig formuliert – schwierig, digitalisierte Tageszeitungen zu verkaufen. Wenn das analoge Original schon immer schwieriger abzusetzen ist, wird sich die Branche für den Online-Weg schon andere Angebote überlegen müssen, um nennenswerte Erlöse zu erzielen.

 

 

Bezahlmodell LaterPay: Reaktionen in der Übersicht

Quelle: Gutjahr.biz

Quelle: Gutjahr.biz

Am Donnerstag hat Richard Gutjahr LaterPay vorgestellt. Der neue Ansatz, Geld mit Onlineveröffentlichungen zu verdienen, hat für eine Menge Reaktionen gesorgt. Im Storify gibt’s eine kleine Übersicht.

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Journalismus: Weder Produkt noch Dienstleistung. Nur Zauberei.

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Der Leser braucht Journalismus nicht, aber er bekommt ihn im Überfluss. Und nur weil es uns viel gekostet hat und wir es für wertvoll erachten, muss es der Leser noch lange nicht als Wert anerkennen. Darum wird auch jede Paywall scheitern, solange sie vor einer austauschbaren Nachrichtenseite sitzt.

Wahrheiten, die keinem Journalisten gefallen werden (und wohl auch keinem Verleger), aber eben Wahrheiten sind. Und nur wenige haben es so klar und präzise formuliert wie Stephan Goldmann auf LousyPennies.de.

Das Abendland ist immer noch nicht untergegangen.

Breaking news: Feinkost-Alfred führt Paywall ein

Helle Aufregung in der Lebensmittelbranche und im Einzelhandel: Feinkost-Alfred hat eine Paywall eingeführt. Fortan, heißt es aus der Unternehmenskommunikation des Discounter-Riesen, seien alle Angebote im Sortiment bezahlpflichtig. Feinkost-Alfred begründet diese Bezahlschranke mit der Ausweitung des Angebotes auf hochwertige Produkte, allerdings sollen auch die sogenannten Billigmarken nun nicht mehr gratis erhältlich sein.

In der Branche sowie in der Öffentlichkeit hat die Bezahlschranke für Empörung gesorgt und zum Teil bittere Reaktionen. Ein wehr.dich-Sprecher verurteilte die neue Erlösquelle als unmoralisch. „Jeder hat ein Recht auf Nahrung, das kann nicht vom Einkommen abhängen.“ Er kritisierte darüber hinaus den Zeitpunkt kurz vor dem Weihnachtsgeschäft und den Versuch des Discounters, die Bezahlschranke ohne Ankündigung einzuführen: „Das ist Abzocke durch die buchstäblich kalte Küche.“ Und: „Jetzt werden Menschen sogar im Supermarkt zur Kasse gebeten.“ Der wehr.Dich-Bundesvorstand wolle nun über andere Finanzierungs- und Verteilungsmodelle nachdenken. Denkbar sei beispielsweise, Lebensmitteldiscounter auf Stiftungsbasis zu führen.

Empört gaben sich auch Vertreter der beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland. Für Lebensmittel Geld zu verlangen, sei unmoralisch, überhaupt Geld von jemanden zu verlangen, ohnehin schon fragwürdig. Allerdings mussten Sprecher der Katholischen Bischofskonferenz und der EKD einräumen, dass beide Institutionen selbst nicht nur zusätzliche Einnahmen in namhafter Höhe aus Vermietung, Verpachtung und Dienstleistungsgeschäften zu verzeichnen hätten, sondern auch im „Kerngeschäft“ – nämlich nach den üblichen Sonntagsmatineen – mit Nachdruck Spenden erbäten. „Das sind aber nur lousy pennies“, antwortete ein Kirchensprecher auf die Frage, was die Sonntagskollekte durchschnittlich ergibt, und rechtfertigte die Sammlung mit dem Hinweis „Es arbeitet schließlich niemand für Gottes Lohn.“ Religiös motivierte Kritik an der Bezahlpflicht im Supermarkt kam auch von der Backwahn-Sekte, die sich nun in der Ausübung ihres Glaubens behindert sieht.

In einem schnellen Kurzkommentar rechtfertige Deutschlands größte Boulevard-Zeitung die Paywall des Discount-Riesen mit dem Hinweis, dass in den USA schon längst jeder Bürger für Burger und andere Lebensmittel zahlen müsse. Das hätten die leitenden Mitarbeiter während des Studienaufenthaltes im Silicon Valley anfangs leidvoll erfahren müssen, sich aber später von den Vorteilen dieses Erlösmodells überrascht gezeigt. Auch die britische Tesco-Kette bereite die Bezahlschranke im Stillen schon vor. Die publizistische Alternativ-Avantgarde in Berlin konterte diesen Kommentar mit einer ebenso raschen Umdeutung der Kunst am eigenen Bau an der Rudi-Dutschke-Straße sowie dem Satz: „Das ist uns Latte.“

Bereits jetzt scheint die Bezahlschranke Vorbildcharakter für die gesamte Lebensmittelbranche zu haben. Die im höherpreisigen Segment angesiedelte Ebenda-Kette will sogar individuelle Preise für jeden Kunden ermitteln, wogegen „Prima leben und sterben“ (Plus) eine Flatrate im Abo konzipiert hat. Auch gegen die Ebenda-Pläne gibt es bereits Widerstand, überraschenderweise von der Lehrergewerkschaft GEW. „Individuelle Preise an der Supermarktkasse – das ist Stigmatisierung und kann gerade bei Kindern zu traumatischen Schäden führen“, heißt es in einer Pressenotiz der Pädagogenvereinigung. Über mögliche Streik-Aktionen gegen die Einführung von Lebenshaltungskosten und deren Individualisierung wolle man in der Lehrergewerkschaft unbedingt ein Stück weit diskutieren.

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