Was mit Medien… Nein, etwas präziser ist es schon. Nachrichten aus der Medienbranche gibt es im MedienMagazin mit Schwerpunkt auf Tageszeitungen und Social Media. Fragen und Anregungen dazu? Einfach mailen.
Was mit Medien… Nein, etwas präziser ist es schon. Nachrichten aus der Medienbranche gibt es im MedienMagazin mit Schwerpunkt auf Tageszeitungen und Social Media. Fragen und Anregungen dazu? Einfach mailen.
„Spannendes aus Niedersachsen. Die Schaumburger Nachrichten, Stadthagen, starten eine Flipboard-Ausgabe.“ Kollege Marcus Schwarze hat unseren neuen Kanal freundlich anmoderiert. Tatsächlich gibt es die Schaumburger Nachrichten jetzt in diesem Digitalformat. Wie immer bei derartigen Vorhaben in unserem Haus ein Feldversuch bei laufendem Betrieb.
In dem neuen Kanal veröffentlicht die Redaktion in denselben Intervallen wie in anderen Social-Media-Kanälen lokale und überregionale Nachrichten. Als Vorbild kann das allerdings nicht für alle Portale und/oder Zeitungen gelten. Wer alle Ressorts in nur einem Social-Media-Kanal verlängert, kann die Flipboard-App lediglich aus ästhetischen Gründen nutzen. Die SN haben sich allerdings bereits vor einiger Zeit entschieden, auch auf Facebook und Twitter diverse Kanäle für unterschiedliche Ressorts und Anlässe zu schaffen. Folge: Die Zahl der Freunde/Follower/Nutzer ist in bemerkenswertem Umfang gestiegen.
Mit dem neuen Flipboard-Magazin „Schaumburger Nachrichten“ wird das jetzt nicht rückgängig gemacht, vielmehr soll der neue Kanal ein zusätzliches, übersichtliches Angebot sein, SN-Inhalte zu nutzen, und das auf eine zeitgemäße Art. Digitale Nachrichten entspannt durchblättern.
Zusätzliche Kosten entstehen dadurch weder für Anbieter noch für Nutzer, paid content gibt es allerdings auch über Flipboard nicht gratis, da die Verlinkungen automatisch zu den Beiträgen auf dem eigentlichen Portal führen.
Schwierig zu treffen sind Aussagen zu den künftigen Nutzerzahlen. Facebook als Marke Bedarf keiner Erläuterung und ist als neuer Kanal leicht anzukündigen. Flipboard ist eleganter, läuft auf mehreren Plattformen, ist allerdings als Tool noch weitgehend unbekannt. Der Blick auf die Zugriffszahlen für sn-online.de werden es in einigen Wochen offenbaren.
Für Medienmenschen gibt es jetzt ein weiteres Magazin auf Flipboard. Gratis wie die App selbst. In dem Medienmagazin sind Beiträge der wichtigsten Branchendienste versammelt, ohne jedoch auch nur annähernd Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu können.
Zu abonnieren ist das Magazin unter diesem Link, und wer Flipboard auf iPad oder iPhone noch nicht installiert hat, kann die App aus dem iTunes-Store herunterladen.
Fragen oder Anregungen?
„Tag für Tag schwindet die Verleger-Hoffnung ein Stück, das Apple-iPad könnte als digitale Erlös-Quelle den Karren aus dem Dreck ziehen.“ So stellt kress.de eine OC&C-Studie über digitale Vertrieb vor. Dieser Einleitungssatz ist mutmaßlich mehr dem Wunsch geschuldet, einen lesenswerten Einstieg zu schaffen, als er Ergebnis seriöser Beobachtung darstellt. Oder nimmt auch nur ein Tageszeitungsverlag an, dass die Antwort auf sinkende Auflagenzahlen im Print tatsächlich in einer einzigen Applikation liegen?
Das wäre dramatisch. Auflagenverluste im Print durch App-Umsatz kompensieren zu wollen, wäre gleichbedeutend damit, die eigenen „analogen“ Fehleinschätzungen nun auch noch zu digitalisieren und das Pferd wieder von hinten aufzuzäumen. Statt technischen Entwicklungen hinterherzulaufen, müssten wir uns als Tageszeitungen endlich auf unsere Stärken besinnen. Vor allem auf unsere Stärken als lokale Zeitungen. Die Schwierigkeiten dabei manifestieren sich bereits im Sprachgebrauch, ist doch das Synonym für Zeitungen die „Presse“. Damit werden Nachrichtenverarbeitung und Vertriebsweg bereits zusammengefasst, und genau das gilt es zu trennen. Schleunigst.
Den einen, fast ultimativen Vertriebsweg über die Zustellung einer Abo-Zeitung, wie er uns seit bedeutend mehr als 100 Jahr lieb und teuer ist, wird es so auf Dauer nicht mehr geben. Ebenso wenig wird es einen einzigen Ersatz geben, mit dem wir Verluste im Print über einen einzigen Digitalkanal kompensieren können. Tatsächlich werden wir sehr viel kleinteiliger denken und arbeiten müssen, nicht nur grob definierte Zielgruppen im Auge haben müssen, sondern auch einzelne Leser bedienen müssen. Dabei müssen die Ergebnisse übrigens nicht zwingend ausschließlich digitaler Art sein. Vielmehr geht es darum, den eigenen Vorrat an Wissen und Informationen sorgfältiger zu strukturieren und breiter aufgefächert anzubieten.
Ein Beispiel dafür haben die Schaumburger Nachrichten mit der Marke „Leben31“ geliefert. Die „31“ steht für das Postleitzahlgebiet, und die Idee dahinter ist simpel und bestechend. Wenn es eine Chance gibt, ein möglichst großes Maß an Veranstaltungsterminen gesammelt zu finden, sind dies in der Regel Tageszeitungen, und ebenso fast gesetzmäßig haben die Tageszeitungsredaktionen bislang mit diesem enormen Vorrat nichts anderes gemacht, als eine geringe Auswahl an Terminvorschlägen im Tagesprodukt anzubieten. Die Kriterien, nach denen Termine in die Tageszeitungen geraten, und die Präsentationsformen sind ein Thema, dessen Behandlung diesen Blog-Eintrag spielend sprengen würde. Die Schaumburger Nachrichten haben mit „Leben31“ ein Veranstaltungsportal geschaffen, auf dessen Grundlage monatlich zwei Magazine erscheinen. Ein Leben31-Magazin mit einer Veranstaltungsübersicht für Schaumburg und angrenzende Bereiche als Beilage für Abonnenten, und ein Magazin mit dem Titel „Leben 31 Szene“, das sich an jüngere Menschen wendet, die üblicherweise noch keine Abos halten. Zu finden ist das Szene-Magazin dort, wo andere Veranstaltungsmagazine dieser Art ebenfalls zu finden sind: In Veranstaltungsspiel- und Gaststätten, darüber hinaus auch digital. Grundidee dahinter ist die Überlegung von Verlag und Redaktion, vorhandene Informationen zielgruppengenauer und umfassender zu präsentieren, als dieses über Veröffentlichungen in der eigentlichen Tageszeitung überhaupt möglich ist.
„Leben31“ gibt es erst seit einem Vierteljahr, steckt also noch in den Kinderschuhen, und es kann niemals vollständiger Ersatz für die Tageszeitung sein, weder in Erlös- noch Informationsfragen. Vielmehr muss dieses Vorhaben als das gesehen, was es tatsächlich ist:
Aus dem Fall Guttenberg sollten alle Politiker lernen. Dringend. Und schnell. Und noch dringender und noch schneller müssen wir in der Journalistenzunft aus diesen Vorgängen Schlüsse und Lehren ziehen: Es gibt Politik- und Mediengesetzmäßigkeiten 2.0.
Was bislang als Theorie oder technische Spielerei gegolten hat –Redaktionsarbeit mit social media – ist in der Realität vollends angekommen, und das wuchtig. „Das Netz gibt keine Ruhe“, hat die taz getitelt. Stimmt. Die Netzgemeinde hat den Rhythmus vorgegeben, und Minister wie Medien hatten erhebliche Last, dem Tempo zu folgen. Die Lehren, die Politiker daraus ziehen, sind vorerst deren Angelegenheit. Spannender ist ein sehr kurzer Blick auf unsere Rolle als Journalisten in diesem Drama.
Nicht wenige in unserem Metier suggerieren sich, „Volkes Stimme“ zu kanalisieren, nicht nur die Freunde von den vier Versalien. Wer auch immer den Unfug noch geglaubt haben mag, wir seien imstande, eine Art volonte generale zu formulieren, musste sich nun eines Besseren belehren lassen. Es gibt sehr wohl einen – im Fall Guttenberg sogar bemerkenswerten – Unterschied zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung. Erstgenannte hat inzwischen eigene Kanäle gefunden, und wird damit zu einer weiteren, für uns ungewohnten Form veröffentlichter Meinung. Selten dürften Journalisten in der Bundesrepublik so viel Kritik gehört haben in diesem Fall, der juristisch vergleichsweise klar ist und dessen politische Dimension so eindeutig schienen. Unabhängig davon, wie oft und intensiv Umfragen geschönt waren, wie wenig repräsentativ Online-Umfragen insgesamt sind, bleibt eine verblüffend große Zahl von Bürgern, die in diesem besonderen Fall sich nicht über das Fehlverhalten sondern die Berichterstattung darüber geärgert haben. Das soziologische Phänomen für eine derartige Massenbetroffenheit, die uns bereits beim Tod Robert Enkes überrascht haben dürfte, sollen Soziologen untersuchen. Journalisten müssen nur rasch neue Seismographen entwickeln. Nicht, um Stimmungen hinterherzuschreiben, sondern um sich vor Überraschungen zu schützen.
Lesen, Schreiben, Rechnen – die drei elementaren Kulturtechniken, und das galt über viele Jahrhunderte. Dass der Umgang mit Digitalem, wofür das geeignete Zeitwort noch zu fehlen scheint, diese Begriffe zum Quartett ergänzt, ist im Fall Guttenberg offenkundig geworden.
Keine Sorge. Hier geht es nicht um die Grenze zwischen Zitat und Plagiat, nicht um den Grad an Professionalität im Umgang mit Medien – was eigene Betrachtungen wert wäre – und auch nicht um moralische Bewertungen. Interessant ist in diesem Fall die Rolle der Öffentlichkeit im Zusammenspiel mit Medien, die Wechselwirkung zwischen Surfern und Schreibern.
Ob alles im Zusammenhang mit der Guttenberg-Affaire vor 25 Jahren öffentlich geworden wäre, ist fraglich. In jedem Fall hätten die Kollegen in den Redaktionen bedeutend mehr und länger selbst recherchieren und entdecken müssen, als das durch das Zutun der Netzgemeinde in diesem Fall tatsächlich nötig war. Gegen eine solche Form der Demokratisierung kann niemand etwas haben. Nachrichten und deren Recherche werden öffentlicher, als das zu analogen Zeiten der Fall war. Aber auch das hat eine dunklere Seite. Nicht jede Textdoppelung in einer akademischen Arbeit ist zwangsläufig ein Plagiat, und nicht jede scheinbare Verbindung ist ein Kausalzusammenhang. Wer eine wissenschaftliche Arbeit, vor allem über Themen, die nur wenig exklusiv sind, wird zur Problematisierung andere Textquellen heranziehen müssen. Das ist per se kein Plagiat, und welche Stellen in der Guttenberg-Diss abgekupfert sind, welche der Problematisierung dienen, ist ein Bereich, um den sich Wissenschaftler kümmern müssen, vor allem Juristen aus Bayreuth. Aber nicht jede Textstelle, die in mehreren Publikationen auffindbar ist, muss unbedingt Diebstahl geistigen Eigentums sein. Ebenso scheint der Zusammenhang zwischen der Positionierung der BILD-Redaktion und einem Anzeigenauftrag an dieses Springer-Blatt nach derzeitigem Stand fraglich. Geschmäckle – ja. Mehr ist nach heutigem Stand nicht herstellbar.
Das bedeutend größere Mal an Öffentlichkeit in solchen Vorgängen, fußend auf dem Zugang zu Internetveröffentlichungen, macht die drängende Notwendigkeit nach Veränderungen in Ausbildung und Arbeitsweisen offenkundig. Dingend nötig ist ein Schulfach Medienkunde, nötiger als noch vor einem Vierteljahrhundert, um wenigstens eine kleine Chance erkennbar werden zu lassen, dass nicht auf allen Internetplattformen gesichertes Wissen durch ehrliche Empörung, wahlweise blinde Hetze ersetzt wird. Darüber hinaus müssen gerade Printprodukte sehr schnell ihren Rhythmus ändern. Den Takt geben nicht mehr die Rotationen vor, sondern die Veröffentlichungen von Amateuren im Internet. Diesen müssen wir im Fall Guttenberg für unbeschreiblich viele Detailhinweise dankbar sein. Deren Beobachtungen können aber nicht unsere professionelle Recherche ersetzen, die immer schneller veröffentlicht werden müssen.
Nach …VZ, Stayfriend und MySpace – hat jemand eine ungefähre Vorstellung davon, wo wir uns in zwei Jahren digital treffen, wenn Facebook ebenso aus der Mode gekommen ist?
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