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Christoph Oppermann / Medienblog

Schlagwort: Digital (Seite 2 von 3)

Watson: News für Frauen mit Tattoos?

watson

„News für Frauen mit Tattoos“ überschreibt die NZZ ihren Beitrag über das neue Portal Watson.ch, das seit Mittwochabend (22.1.) online ist. Eine wenig schmeichelhafte Einschätzung, was aber nicht wirklich wundert, und auch die Äußerungen anderer Schweizer Medien sind erwartungsgemäß zurückhaltend, und zwar mit Blick auf Inhalte und Erlösabsichten. In vier Jahren soll Watson.ch in der Gewinnzone sein, als Anschubfinanzierung stehen 20 Millionen Franken zur Verfügung, heißt es in allen Beiträgen.

Noch einmal die NZZ: „… Und so sieht der ideale Watson-Kunde aus: weiblich, 25-jährig, mobil, Migrationshintergrund, Maturaabschluss, mit Tattoos geschmückt. Zur Zielgruppe gehören also Personen, die Medien – so befürchtet Voigt – verloren gehen, weil sie sich vor allem in sozialen Netzwerken aufhalten.“

Vielleicht funktioniert’s.

Auflagen im freien Fall? Das Quartal 4/2013

Die Legitimation von Blogs und anderen Massenmedien

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Eine interessante und unterhaltsame Debatte hat Karsten Lohmeyer mit zwei Posts wiederbelebt:

Eine andere Legitimation als die Zahl der Menschen, die ihnen folgen, haben Blogger wir Jessica Weiß nicht. Wer viele Klicks bekommt, kann bestehen und bekommt die besten und teuersten Werbeaufträge. Und die anderen eben nicht.

An dieser Aussage kann man sich aber auch wirklich festbeissen. Die Tageszeitung mit der größten Auflage, dem größten Verbreitungsgebiet, der größten Akzeptanz, den geringsten Streuverlusten und, und, und bekommt die lukrativsten 1/1-Werbeseiten oder Beilagen – die anderen eben nicht, oder eben nur in geringerem Maße. Das ist nicht neu, und warum sollte bei Bloggern anrüchig sein, was für Verleger ehrenwertes Geschäftsmodell ist? Ist Publizieren wirklich eine Frage der Legitimation?

Die Diskussion, die Elisabeth Dostert in dem SZ-Beitrag „Ich blogge“ führt, ist eigentlich eine Phantomdebatte. Wer definiert Legitimation? Redakteure bei Tages- oder Wochenzeitungen, in Nachrichtenmagazinen? Das wünschen diese sich vielleicht, wäre aber gespenstisch. Ohne wirtschaftlichen Grundlage und finanziellen Erfolg ist die Frage nach Legitimation eine reine Theorie zu wie auch immer gearteten „höheren Aufträgen“. Wenn es solche gäbe, sollten wir uns dringend mal darüber auseinandersetzen. Ist die Kasse leer, läuft keine Rotation weiter, und wenn kein Werbekunde für einen Modeblog mehr zahlt, gerät die öffentliche Stellungnahme zum Hobby. Auch dagegen wäre nichts zu sagen. Das Netz ist voll von bereichernden Blogs und Posts, die mit Sicherheit niemals auch nur einen Cent in die Kasse spülen und dennoch lesenswert sind.

An Jessica Weiß‘ Blog stört mich lediglich, dass Klicks und Umsatz nicht bei uns auflaufen.

 

Werkzeuge für Redaktionen: Jan Eggers‘ 1a-Toolliste

Jan Eggers‘ „Goldene Liste“ der Tools für Journalisten – Listen sind etwas Wunderbares. Übersichtlich, informativ und bei aller Vorläufigkeit zunächst einmal eine abgeschlossene Angelegenheit.
Die Goldene Liste der elf Digitaltools für Journalisten von Jan Eggers ist für Medienleute ganz besonders lesenswert. Ziemlich vollständig, höchst informativ und leicht verständlich. Wer glaubt, komplexere Erzählformen im Netz seien nur für größere Redaktionen gedacht und nur diesen möglich, wird spätestens bei der Lektüre dieses Textes unaufdringlich eines Besseren belehrt. Ergänzt werden könnte die Liste bestenfalls noch um Flipboard, das seit kurzer Zeit nicht nur auf mobilen Endgeräten läuft, sondern auch anderen Computern verfügbar ist.

Jan Eggers, Die Goldene Liste

Digitalpresse? Die Kluft zwischen Angebot und technischen Möglichkeiten

„Alle reden über die Zukunft der digitalen Presse? Doch von welcher digitalen Presse reden sie eigentlich? Sie existiert fast nicht.“

Einstieg in einen sehr interessanten und lesenswerten Beitrag aus „Notizbuch eines Journalisten“. Im Kern geht es um den Unterschied zwischen digitalisierter und digitaler Presse.

Hier geht’s zum Beitrag.
http://jan.twoday.net/stories/465678759

#tag2020 geht weiter

#tag2020 geht weiter. In zwei Wochen will der SPIEGEL aus den Vorschlägen, etwa 1000 sollen es sein, eine Vision für die Tageszeitungen der Zukunft zusammengesetzt sein.

Wer der Debatte folgen will, kann das auch über das MedienMagazin erledigen. Dort sind die wesentlichen Beiträge versammelt.

#tag2020

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Was von dieser bislang bizarren, in Teilen schrillen Debatte wohl mal in Erinnerung bleibt oder gar Wirkung hat?

Die SPIEGEL-Seite

Die Debatte im MedienMagazin

Zeitungskrise: Und wen interessiert’s?

„Einziger Trost: Deutsche Zeitungen können nicht in China zu Dumping-Preisen zusammengeschrieben werden.“ (Cordt Schnibben, SPIEGEL)

Sicher?

……….

 

Hui, jetzt – den Fünfer packe ich gleich mal ins Phrasenschwein – rauscht’s aber mächtig im Blätterwald. Die Medienbranche gibt sich tüchtig verblüfft über den Springer-Funke-Deal, und Kollegen, die der Nähe zu Axel Springer bislang vollkommen unverdächtig waren, machen sich nun Gedanken über das verlegerische Vermächtnis des BILD-Gründers. Dazu kommen regelmäßig Meldungen aus Verlagshäusern unterschiedlicher Größe über Stellenabbau, Horrormeldungen über wegbrechende Anzeigenerlöse, Branchendienste  ergehen sich nun bereits in Geschichten über Einzelschicksalen, die Unternehmerverbände dieser Branche pfeifen die Ergebnisse der aktuellen Media-Analyse durch den Wald, und die Krönung sind die reflexartigen Äußerungen der Journalisten-Gewerkschaften: „Qualitätsjournalismus hat seinen Preis.“ Das Ganze heißt Zeitungskrise, und der SPIEGEL widmet dem jetzt sein erstes flottes Multi-Channel-Projekt: „2020 – Die Zeitungsdebatte“.

Seine „Elf Vorschläge für bessere Zeitungen“ beginnt Cordt Schnibben so: „Scheinbar unaufhaltsam rauschen die Auflagen der Tageszeitungen nach unten. Seit sich der Springer-Verlag von seinen Regionalzeitungen trennen will, ist die Lage noch kritischer. Elf Vorschläge für lebensverlängernde Maßnahmen.“ Lebensverlängernde Maßnahmen? Und das ist erst der Anfang des Beitrages, der tatsächlich eine Menge Lesenswertes enthält, aber eben auch Fragwürdiges und Falsches. „Lebensverlängernde Maßnahmen“ bedeuten zwar einerseits die Chance auf Fortbestand, andererseits aber eben auch das sichere Ende. Nicht, dass Zeitungen das einzige auf dieser Welt sein müssten, das auf ewig weiterexistiert, aber die Haltung ist sagenwirmal nicht nur hoffnungsfroh. Grandios aber ist das Textfinale: „Einziger Trost: Deutsche Zeitungen können nicht in China zu Dumping-Preisen zusammengeschrieben werden.“ Da ist er wieder, der Grammatik gewordene Reflex. An diesem Satz ist heute schon nichts mehr richtig.

Reflexe nerven. Vielleicht nicht in medizinischer Sicht, aber in einer Debatte unter vermeintlich intellektuellen Zeitgenossen nerven sie. Mächtig. Zeit für ein paar Aspekte, die häufig zu kurz kommen:

„Qualitätsjournalismus hat seinen Preis.“: Der Satz, wie eine Monstranz präsentiert, ist inzwischen so klug wie die Aussage, dass es nachts kälter als draußen sei. Kann sein oder eben auch nicht, und schon die simple Gegenprobe stimmt nicht. Nicht alles, was kostet, ist in unserem Gewerbe auch mit Qualität gleichzusetzen. Nachrichten aus der Tagesschau-Redaktion kosten nicht wenig, und immer weniger Menschen verstehen diese überhaupt. Gut bezahlte Sportredakteure präsentieren mir in der Montagsausgabe jeder beliebigen deutschen Qualitätszeitung (muss die Qualitätszeitung in Anführungszeichen stehen, oder sind diese verzichtbar?) einen 100-Zeiler über das Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga am Sonnabendnachmittag. Warum Montag? Warum 100 Zeilen tief gehender Analyse oder vielmehr das, was die Sportredaktion dafür hält? Welche Erkenntnis gewinne ich, die ich als Sportinteressierter nicht bereits am Sonnabendabend hätte? Geht es im Sport und dessen Darstellung nur um Rationalität? Die Antwort darauf hätte ich gern mal ohne Zorn und Eifer. Das soll nicht zum Sportressort-Bashing ausarten, dieses Phänomen gilt für praktisch alle Ressorts. „Der Print-Leser ist der Gefangene des Journalisten.“ Ein wunderbarer Satz in Schnibbens „Elf Vorschlägen“ – wie erwähnt, der Beitrag enthält viel Lesenswertes.

„Nur digital kann der Print-Journalismus langfristig noch neue Leser und neue Erlöse finden, im Netz, auf Tablets und Smartphones. Ohne dieses Eingeständnis hat die Zeitung keine Zukunft.“ (Cordt Schnibben). Wir sollten uns davor hüten, Auflagenverluste gedruckter Ausgaben der Digitalisierung anzulasten. Abonnenten haben wir alle in den zurückliegenden Jahrzehnten verloren, und zwar reichlich und ohne, dass es uns weiter beeindruckt hätte. Mehr als eine Generation von Redakteuren und Verlagskaufleuten hat sinkende Auflagenzahlen praktisch als Naturgesetz begriffen. Mit der kostenlosen Verfügbarkeit unserer Beiträge im Internet haben wir diesen Prozess allerdings noch befördert. Kein Bauer wäre jemals auf die Idee gekommen, nur für in Ein-Liter-Verpackungen abgefüllte Milch Geld zu verlangen und jedem anzubieten, das Zeug kostenlos zu bekommen, wenn man nur selbst mit einer Milchkanne anrücke. Vergleiche hinken? Egal. Wir sind den Weg in den vergangenen zehn, zwölf Jahren genauso gegangen. Der die Begründung dafür mitliefernde Klassiker im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts: „Klicks sind die Währung im Internet.“ Stimmt nicht ganz. Dollar und Euro.

„Qualitätsjournalismus hat seinen Preis.“: In fast allen Darstellungen lese ich immer wieder von den gut ausgebildeten Kollegen, die Qualitätsjournalismus liefern könnten und wollten. Lassen wir das „wollen“ mal beiseite („Der Print-Leser ist der Gefangene des Journalisten“) – reden wir alle von demselben Gewerbe und demselben Land? Es gibt einige hervorragend ausgebildete Redakteure, und die haben ihren Preis. Aber zumeist einen anderen, als uns die Journalisten-Gewerkschaften weismachen wollen. Heutzutage bekomme ich zu fast jedem Preis exzellente Autoren, die für Stundensätze zu arbeiten bereit sind, die eine Hilfskraft in der Burger-Butze locker schlägt. Und wer glaubt, dass eigentlich alle Redakteure gut ausgebildet würden oder seien, sollte sich gelegentlich mal wieder mit der Realität in Berührung bringen.

Der Verkauf von Zeitungstiteln, Konzentrationsprozesse und die Ungewissheit, ob für Nachrichten überhaupt noch Geld zu erwarten ist, all das muss niemandem gefallen. Aber wir erleben nichts, was nicht in anderen Branchen vollkommen normal ist: Konzentrationsprozesse, Verdrängung, das Verschwinden einzelner Produkte und neue Kreationen. Nur haben wir uns in der Zeitungsbranche lange gegen die Erkenntnis gewehrt, dass auch wir den Gesetzen des Marktes unterliegen. Wer das nicht möchte, wird in solch einer Wirtschaftsordnung nur den Weg über öffentlich-rechtliche Einrichtungen oder Stiftungen gehen können – aber mal im Ernst: Redakteur beim NDR? Dann den Weg konsequent gehen und Beamter werden. Es wird Redakteuren nichts anderes übrig bleiben, als tatsächlich sich und ihre „Zunft“ neu zu erfinden. Von mir aus hat Qualitätsjournalismus seinen Preis, wir finden nur immer weniger Kunden, die bereit sind, diesen Preis zu zahlen. Das ist aber nur möglich, wenn wir unsere Kunden nicht mehr als „Gefangene“ betrachten. Zu hoffen, wir könnten in der digitalen Welt Modelle finden wie das Abo der gedruckten Zeitung, ist vielleicht die schwächste Variante, die sogar noch hinter dem Lottospiel rangiert.

……….

 

SPIEGEL: „2020 – Die Zeitungsdebatte“

Meedia: „Warum Michalis Pantelouris dem Journalismus den Rücken kehrt“

Thomas Knüwer / Indiskretionehrensache.de: „Springer, Funke und das Schlimmste, das noch kommt“

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